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Gamification für Unternehmen: Wie man Mitarbeitende in den Bann zieht und Wissen praxisnah vermittelt

Experteninterview mit Felix Doepke, Country Lead DACH & Director of Customer Simulations, Germany, bei Attensi

©Attensi, Felix Doepke

©Attensi, Felix Doepke

Attensi, 2012 in Oslo gegründet, hat mittlerweile insgesamt etwa 250 Beschäftigte in Skandinavien, England, den USA und Deutschland. Die Lösungen von Attensi werden dabei in circa 150 Ländern genutzt und sind in mehr als 50 Sprachen verfügbar. Kunden im DACH-Raum sind z.B. ABB, Boehringer Ingelheim, Bosch Siemens Hausgeräte (BSH), Mercedes-Benz und Zurich Versicherung. Der Standort in Köln ist der jüngste der Firma und der erste in der EU.

Im Interview spricht Herr Felix Doepke, Country Lead DACH & Director of Customer Simulations, Germany, bei Attensi über die Vorteile von Gamification für Unternehmen und Mitarbeitende sowie über die Stärken des Standortes Köln.
 

  • Herr Doepke, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Sie bauen aufwendige 3D-Simulationen von Fabriken, Autohäusern, Praxen, Fabriken und sogar Supermärkten. Was genau machen die Nutzer in diesen 3D-Welten? Und was hat das mit Lernen zu tun?

Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihre Mitarbeitenden so realitätsnah ihren Job lernen lassen, als wären sie Piloten im Flugsimulator. Genau das ermöglichen wir: Wir bieten simulationsbasiertes Training und lassen IhreMitarbeitenden  die Situationen meistern, mit denen sie während ihrer Arbeit konfrontiert werden. Wir erstellen diese gamifizierten Trainings für den PC, Browser, das Smartphone, Tablet oder die virtuelle Realität. Und wie Sie bereits sagen, wir können fast jede Art von Umgebung für unsere Kunden als 3D-Welt nachbauen. Das Endergebnis sind „ernste“ Computerspiele, manchmal auch „Serious Games“ genannt.

  • Kann man sagen, dass Menschen leichter bzw. einfacher beim Spielen lernen? Mit welchen Gamification-Elementen wird das erreicht, lassen Sie sich da von erfolgreichen Videospielen inspirieren?

Zur Erklärung hilft der Vergleich mit den Alternativen: Erinnern Sie sich bitte einmal an das letzte E-Learning in Ihrem Unternehmen. Wahrscheinlich saßen Sie dabei größtenteils passiv am PC. Frontalunterricht oder das Ansehen von Videos sind ähnlich passiv, und man ist oft wenig engagiert dabei. Gamifizierte Trainings sind hingegen unheimlich gut darin, die Mitarbeitenden in ihren Bann zu ziehen. Sie machen sich Elemente aus der Verhaltenspsychologie zunutze: Ansprechende Video- und Audioeffekte, eine packende Geschichte, Bestenlisten, um sich mit anderen Abteilungen zu messen. Das alles kombiniert mit der Tatsache, dass man das in der Simulation gelernte Wissen leichter in der Praxis anwenden kann, weil sie so viel realistischer ist als andere Trainingsformen.

  • Und wie können Unternehmen und Mitarbeitende davon profitieren?

Mitarbeitertraining ist kein Selbstzweck, sondern dient immer einem höheren Ziel. Unternehmen möchten beispielsweise ihren Umsatz steigern, Kundenservice verbessern, Arbeitsunfälle verhindern, Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen oder Kosten senken. Diese Ziele erreicht man meist nur durch Einbindung der Belegschaft und entsprechendes Training. Daher ist gamifiziertes Training ein hocheffektives Mittel zur Erreichung von vielerlei Unternehmenszielen.

  • Können Sie ein besonders erfolgreiches Beispiel für ein gamifiziertes Simulationstraining von Attensi nennen?

Bosch Siemens Hausgeräte (BSH) wollten den Umsatz ihrer Premium-Geschirrspülmaschinen erhöhen. Wir haben daher mit ihnen ein Produkttraining erstellt, welches die Mitarbeitenden von Einzelhandelsketten jederzeit auf ihren Smartphones nutzen konnten. Die Filialen, die Teil der Testgruppe waren, konnten damit einen um 26 Prozent höheren Umsatz erzielen als die Vergleichsfilialen. Und der Finanzdienstleister Equiniti konnte mit einem neuen Onboarding die Mitarbeiterfluktuation von 44 Prozent auf 11 Prozent senken, was gerade in der heutigen Zeit des Fachkräftemangels enorme Einsparungen bedeutet.

  • Für welche Lerninhalte eignet sich dieser Ansatz besonders?

Fangen wir mit dem Gegenteil an: Eher ungeeignet ist ein solches Konzept, wenn man eine sehr kleine Mitarbeiteranzahl von beispielsweise 20 Personen trainieren möchte. Dann rentiert sich der Aufwand der Implementierung nicht. Sobald man aber Lerninhalte hat, welche schnell für eine größere Anzahl von Beschäftigten skaliert werden sollen, und die hohe Priorität haben, sollte man gamifiziertes Training in Erwägung ziehen. Durch unsere umfassende Produktpalette bieten wir mittlerweile für die meisten Anwendungsfälle eine passende Lösung.

  • Welche Branchen bedienen Sie?

Mittlerweile fast alle, aber besonders stark vertreten sind wir in Industrie, Energiewirtschaft, Beratungsunternehmen, Finanzdienstleistungen, Einzelhandel, Gastronomie, Gesundheitswesen, Pharmaindustrie und dem öffentlichen Sektor.

  • Wie sind Sie von Attensi auf diese Idee gekommen und seit wann entwickeln Sie gamifizierte Trainings?

Unser Gründer war früher CEO der größten nordischen Computerspielefirma. Er erkannte einen großen Bedarf, Mitarbeitertraining wirkungsvoller zu machen. Also gründete er 2012 Attensi, um Technologie mit Verhaltenspsychologie zu kombinieren und das zu ermöglichen.

  • Wie entwickeln Sie solche Gamification-Lösung bei Attensi?

Es war von Anfang an das Ziel, die Erstellung skalierbar zu machen. Deswegen haben wir über die Jahre hinweg eine Plattform mit standardisierten Produkten entwickelt. Mit unserer eigens entwickelten Attensi CREATOR-Software können sowohl wir als auch unsere Kunden völlig ohne Programmierkenntnisse solche Lösungen erstellen. Unsere Projektteams greifen dabei auf jahrelange Erfahrung zurück, sowohl technisch als auch per Branche des Kunden.

  • Wie wird der Erfolg von Gamification-Lösungen gemessen?

Bei Attensi messen wir Erfolg auf drei Arten: Erstens generiert jede Interaktion der Mitarbeitenden mit virtuellen Avataren und in den simulierten Arbeitsprozessen wertvolle Datenpunkte. Diese ermöglichen detaillierte Analysen, die beispielsweise zeigen, inwieweit identifizierte Wissenslücken geschlossen wurden und an welchen Stellen in der Simulation Mitarbeitende besondere Herausforderungen hatten. Selbstverständlich gewährleisten wir bei Bedarf die Anonymisierung dieser Daten. Zweitens integrieren wir in jede Lösung Umfragen, um die Meinungen der Mitarbeitenden einzuholen. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, direktes Feedback zu erhalten und sicherzustellen, dass die Schulungsmaßnahmen den Bedürfnissen und Erwartungen entsprechen. Drittens betrachten wir oft die Auswirkungen des Trainings auf konkrete Unternehmenskennzahlen. Hierzu zählen beispielsweise der Umsatz bei BSH oder die Mitarbeiterfluktuation bei Equiniti. Diese reale Einbindung erlaubt es uns, den tatsächlichen Beitrag unserer Trainingsmaßnahmen zum geschäftlichen Erfolg zu bewerten und sicherzustellen, dass sie einen messbaren Mehrwert für das Unternehmen schaffen.

  • Kann die Verwendung von künstlicher Intelligenz die Effizienz von gamifizierten Simulationstrainings verbessern. Wenn ja, wie funktioniert das genau?

Definitiv, wir sehen, dass künstliche Intelligenz (KI) sowohl die Erstellung effizienter macht als auch die Wirkung vergrößern kann. Daher ist KI auch bereits Bestandteil unserer Plattform. Beispielsweise schlägt die KI nun Ergänzungen bei der Inhaltserstellung vor und wir bieten die Option den Avataren KI-generierte Stimmen zu verleihen. Und weil wir Nutzer in über 150 Ländern haben, durfte auch eine KI-unterstützte Übersetzungsmöglichkeit nicht fehlen.

  • Wie sehen Sie die Zukunft von Gamification?

Deutschland hinkt in der Digitalisierung leider oft hinterher, so auch in unserem Bereich. In Skandinavien, England und den USA ist man in der Anwendung von Gamification beispielsweise schon viel weiter und erreicht starke Ergebnisse. Wir glauben, dass Deutschland hier aber bald aufholen wird, denn auch hierzulande erkennen immer mehr Unternehmen das Potenzial der Technologie.

  • Warum hat sich Attensi für Köln als Standort entschieden? Und was macht NRW zu einem attraktiven Markt?

Der Aufbau der ersten Attensi-Niederlassung in der EU war ein wichtiger Schritt für das Unternehmen. Köln bot sich aus mehreren Gründen als Standort an: Hier findet sich ein umfangreiches Netzwerk erstklassiger Universitäten und Institutionen, die Abschlüsse in den Bereichen Wirtschaft, digitale Medien und IT anbieten, was den Zugang zu Talenten für unser zukünftiges Wachstum ermöglicht. In Köln findet außerdem mit der Gamescom eine der größten Videospielmessen der Welt statt, was bedeutet, dass die Institutionen und Unternehmen in der Stadt sich des Potenzials von spielbasierten Trainings zur Erreichung von Geschäftszielen sehr bewusst sind. Auch die geografische Lage Kölns macht die Stadt zu einem leistungsstarken Verkehrsknotenpunkt, von dem aus die gesamte DACH-Region und weite Teile Europas erreicht werden können. Von Köln aus lassen sich gut drei internationale Flughäfen erreichen, und die Stadt verfügt über ein ausgezeichnetes Schienennetz. Mit Attensi-Büros in Oslo, London und Boston und Kunden auf der ganzen Welt ist Köln ein fantastischer Standort, um unsere Reiseanforderungen zu erfüllen. Als viertgrößte Stadt Deutschlands und Heimat spannender Unternehmen mit ehrgeizigen Wachstumsplänen bietet Köln uns darüber hinaus die Möglichkeit, uns mit Unternehmen zu vernetzen, die ihr Wachstum durch Digitalisierung und innovatives Training beschleunigen wollen.

- Herr Doepke, vielen Dank für das Gespräch -